Experimentalbereich mit experimentellen Strukturen
Inhalt
Vorwort: Komplexe Formen zwischen Kunst und Mathematik
1. Abstrakte Algorithmen als komplexe Strukturen - Computerkunst
1.1 Fractal Art I: IFS (Iterated Function Systems), Chaos Game und Fractal flame (nonlinear functions)
1.2 Fractal Art II: Animationen und Collagen von Flames
1.3 Fractal Art III: Julia- und Mandelbrotmenge
1.4 Chaos und die "seltsamen Attraktoren" I: Symmetrische Icons
1.5 Chaos und die "seltsamen Attraktoren" II: Komplexe Polynome
2. Reale Strukturen: Komplexe Formen der Natur
2.1 Kristallstrukturen und Kristallzucht
3. Interner Experimentalbereich
1. Vorwort: Komplexe Formen zwischen Kunst und Mathematik
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Der Computer bietet nicht nur die Möglichkeit, Bilder digital zu zeichnen oder zu verfremden, sondern kann auch auf der Basis von Algorithmen trockene mathematische Formeln in ansprechende und faszinierende bunte Bilder umsetzen.
Insbesondere im Rahmen der Komplexitätsforschung ist es immer wieder erstaunlich, mit welch einfachen Formeln man atemberaubend komplexe Muster "zaubern" kann. Ein sehr populäres Beispiel sind sicherlich die zahlreichen Darstellungen der Mandelbrotmenge ("Apfelmännchen") im Rahmen der Chaostheorie sowie weitere Darstellungen von sogenannten seltsamen Attraktoren.
Weiterhin gibt es auch die sogenannten "Iterated Functions Systems" (IFS). Der verbreiteteste Algorithmus dafür nennt sich dort "Chaos game" und benötigt sowohl genaue Rechenregeln, als auch einen Zufallsgenerator, der die Bezugspunkte zufällig wählt. Man unterscheidet ferner die affinen Transformationen, die lineare Funktionen verwenden, und die viel spannenderen nichtlinearen Funktionen, die zum sogenannten Fractal-Flame-Algorithm führen.
Eine populärwissenschaftliche (und vor allem kostenlose) Software zum generieren von Flames ist Apophysis. Im folgenden sind einmal ein paar damit entstandene "Kunstwerke" von mir dargestellt.
Fraktale und Fraktalmathematik1
In den 1970'er Jahren wurde dem Mathematiker Benoit Mandelbrot bewusst, dass es eine ganz besondere Struktur gab, die sich durch all seine Forschungsprojekte zog. Doch was haben eigentlich Börsenkurse, Wassermengen in Flüssen oder Interferenzen in Schaltkreisen gemeinsam? Ein Börsenkurs ist eine zackige Line mit viel auf und ab, wenn man beispielsweise einen Jahresverlauf betrachtet. Doch ebenso zackig ist auch der Monatsverlauf, ja sogar ein Tagesverlauf. Und genau so verhält es sich mit dem unregelmäßigen Wasserdurchsatz eines Flusses, oder den Stromschwankungen in einem stark verrauschten Schaltkreis.
Mandelbrot war der Meinung, Strukturen dieser Art brauchten einen Namen, und er taufte sie Fraktale. Ein Fraktal ist eine geometrische Form, die eine Feinstruktur aufweist - ganz gleich wie stark man sie vergrößert.
Für die klassischen euklidischen Körper gilt dies nicht. Ein Dreieck, ein Kreis, oder sogar eine Kugel haben nichts kompliziertes. Wenn man eine Kugel vergrößert, und sich den dabei entstehenden Ausschnitt ansieht, dann verringert sich lediglich die Krümmung der Oberfläche, bis er einer öden, ebenen Fläche gleicht.
Der mathematische Schlüssel zum Verständnis der Fraktale ist das Konzept der Selbstähnlichkeit. Eine Form ist dann selbstähnlich, wenn sie aus Kopien ihrer selbst aufgebaut ist. Ein sehr einfaches Beispiel ist das Quadratmuster. Ein Schachbrett aus 64 Quadraten ist in Summe ebenfalls wieder ein Quadrat, da Quadrate selbstähnlich sind.
Euklidische Formen, wie Quadrate oder Dreiecke führen zu recht einfachen Fraktalen. Die Theorie der Fraktale hat heutzutage jedoch auch erheblich komplexere Formen hervorgebracht. Denn im Prinzip alle Formen, die eine mathematische Selbstähnlichkeit aufweisen, sind in der Lage, eine unendliche Verschachtelung ihrer Feinstruktur aufzuweisen.
Die Fraktale Dimension
Normalerweise verstehen wir unter einer Dimension eine Raumrichtung. Eine Linie ist eindimensional, ein Quadrat zweidimensional und ein Würfel ist dreidimensional.
Die Dimension eines Fraktals muss jedoch keine ganze Zahl sein. Der Name Fraktal hat daher etwas mit dem ähnlichen Wort aus der Medizin zu tun, und zwar der "Fraktur". Das gebrochene bzw. das Gebrochenzahlige an den Fraktalen ist dabei die Raumdimension, die irgendwo zwischen den ganzzahligen Dimensionen liegt, und beispielsweise Werte von 1,2678 oder 2,5235 aufweisen kann. Eine sehr zackige Linie mit dichtgedrängten Auf's und Ab's gleicht eher einem zweidimensionalen Raum mit ein paar Lücken, als einer eindimensionalen Linie und hat daher die fraktale Dimension von eins Komma irgendwas. Auch eine Form, die einen dreidimensionalen Raum nicht vollständig ausfüllt, wie beispielsweise ein Schweizer Käse mit vielen Löchern, oder eine Baumkrone mit einem dichten Blätterwerk besitzt eine fraktale Dimension von etwas unter Drei.
Die Mandelbrot-Menge
Mandelbrots Name wird für immer mit einem Fraktal verknüpft sein, das er entdeckte und bekannt machte: die Mandelbrot-Menge. Im Unterschied zu den meisten anderen Fraktalen, die er untersuchte, ist dieses Fraktal nicht aus der Natur entlehnt, sondern eine Übung in reiner Mathematik, also aus purer Entdeckerfreude an abstrakten Strukturen entstanden, die nicht unbedingt auch eine gleichartige Entsprechung in der Natur finden müssen.
Dynamik entsteht, wenn man eine Regel wieder und wieder anwendet. In der Mathematik geschieht dies durch die Iterationsfolgen von Differenzengleichungen. Mandelbrot entschied sich für die so ziemlich einfachste Regel, die er sich ausdenken konnte: Man quadriere eine Zahl und addiere eine Konstante. Schon bei der Anwendung dieser nichtlinearen Gleichungsform auf reelle Zahlen entfaltet diese Regel in Form der logistischen Gleichung eine recht komplexe "Dynamik".
Doch Mandelbrot ging noch einen Schritt weiter. Er fragte sich, was wohl passieren würde, wenn man diese Regel auf die Mengen der komplexen Zahlen anwenden würde. Die komplexen Zahlen sind zweidimensionale Zahlen, die aus einem Realteil und einem Imaginärteil bestehen. Der Umgang mit komplexen Zahlen ist heutzutage in der Elektrotechnik Gang völlig normal. Es ist ein modellbildendes Verfahren für spezielle Vorgänge in der Natur oder der Technik. Mathematisch gesehen sind diese Zahlen jedoch schon etwas besonderes. Bei der geometrische Abbildung von eindimensionalen Zahlen entstehen lediglich Raumpunkte. Die Abbildungsvorschriften für die zweidimensionalen Zahlen beinhalten jedoch noch zusätzlich eine Drehung für jeden Rechenschritt. Es sind sozusagen "tanzende" Zahlen, die komplexere und reichhaltigere Darstellungsformen ermöglichen.
Wenn man die Regel "Man quadriere eine komplexe Zahl und addiere eine Konstante" mehrfach hintereinander ausführt, handelt es sich dabei um eine dynamische Regel einer Sprunganweisung für einen Punkt. Was dann geschieht, hängt von der jeweiligen Konstante ab. Bei manchen Werten ist die Entwicklung ausgesprochen langweilig: Je öfter man die Regel ausführt, umso weiter wandert der Punkt in der Ebene von seinem Ausgangspunkt weg. Bei anderen Konstanten gelingt es dem Punkt jedoch nicht, dem Umfeld seines Ursprungs zu entfliehen, und dann entstehen erstaunlich schöne und komplizierte Figuren.
Die Szenarien "Flucht in die Unendlichkeit" oder "Gefangenschaft" könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch welche Konstante führt zu welcher Situation? Man könnte vermuten, dass es einfache Unterscheidungsmöglichkeiten gibt, irgendeine offensichtliche Eigenschaft der Konstante. Mandelbrot führte dazu Computerexperimente durch. Für verschiedene Konstanten wende man die Regel an und färbe die Zelle der Konstanten (also einer bestimmte Komplexe Zahl) schwarz oder weiß, je nachdem, ob dieser Parameter zur Flucht oder zur Gefangenschaft führt.
Welche Form erhalten wird dann? Aufgrund der einfachen Regel vielleicht einen einfachen schwarzen Kreis? Keineswegs! Die Figur - das berühmte Apfelmännchen - ist geradezu unfassbar kompliziert. Sie enthält Drehungen und Windungen, Spiralen und Verzweigungen sowie jede Menge Beulen, die bei näherem Heranzoomen ebenso kompliziert sind wie das Ganze. Sie ist ein Fraktal. Die Mandelbrot-Menge wird oftmals auch ohne den Bezug zur Mathematik aufgrund ihrer speziellen Form als faszinierend und ästhetisch empfunden. Für Mathematiker ergibt sich der besondere intellektuelle Reiz jedoch vor allem aus dem Zusammenspiel der Gegensätze von simpler Oberstufenalgebra und nahezu unendlich erscheinender Komplexität.
Fraktale sind komplexe Formen, die aus einfachen Regeln hervorgehen. Sie verleugnen ihre einfache Herkunft durch die Vereinigung von kniffeligem Durcheinander und streng geordnetem Aufbau.
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Die Erforschung fraktaler Strukturen hat gezeigt, dass in der Natur viele Wachstumsprozesse zu fraktalen Formen führen, wie beispielsweise bei der Rußpartikelbildung. Die sukzessive Anlagerung von Teilchen an einen Keim führt zu verwickelten und komplexen Strukturen, die wie Zufallsprodukte aussehen. Das mathematische Modell für Rußpartikel heißt diffusionsbegrenztes Wachstum.
Deterministisches Chaos und Fraktale
Der Begriff Chaos wird umgangssprachlich gerne als Umschreibung für "unordentliche", also chaotische Dinge verwendet. Die Mathematik hat inzwischen jedoch unter der Bezeichnung des deterministischen Chaos ein präzise definiertes Modellierungsverfahren entwickelt, welches im Rahmen der Theorie der dynamischen Systeme nichtlineare Dynamiken beschreibt, die eine extreme Empfindlichkeit bezüglich der Anfangsbedingungen und (Kontroll-)Parameter aufweisen.
Zufall?
Durch den Zusatz "deterministisch" möchte sich dieser Begriff auch ganz klar von dem Konzept des Zufalls im Rahmen der Wahrscheinlichkeitstheorie (Stochastik) abgrenzen. Chaos ist in der Mathematik nun gerade keine neumodische Bezeichnung des Zufalls, sondern steht im Zusammenhang mit einer ganz speziellen Form von - jedenfalls prinzipiell - berechenbaren Ordnungsformen. Für den Mathematiker herrscht sozusagen Ordnung auch im noch so großen Chaos. Zufall ist Zufall (also im Sinne von echter Unordnung und dem fehlen jeglicher Korrelationen) und deterministisches Chaos ist durchaus recht "ordentlich", wenngleich es sich hier um eine etwas gewöhnungsbedürftige Ordnung handelt.
Deterministisches Chaos und Berechenbarkeit
Viele der uns bekannten "ordentlichen" Systeme, insbesondere die linearen Systeme, sind auch wirklich äußerst brav. Wenn man dieses Systemverhalten über einen längeren Zeitraum ansieht, findet man entweder, dass sie auf einen Fixpunkt hinsteuern, und dort dann verharren, oder in zyklische Bewegungen übergehen (auch Schwingungen gehören dazu) bzw. ihre Bewegungen aus Verschachtelungen von Zyklen bestehen. Ein großer Vorteil ist dabei ihre zuverlässige Vorhersagbarkeit über prinzipiell beliebig lange Zeiträume. Während man daher im 18 Jahrhundert noch davon träumen konnte, dass sich vielleicht so eines Tages für einen begabten Wissenschaftler die gesamte Geschichte des Universums bequem vom Anfang bis zum Ende und wieder zurück rechnen lassen konnte, so wurde dieser Traum bereits Ende des 19. Jahrhunderts durch das sogenannte Dreikörperproblem widerlegt, welches zeigte, dass selbst ein einfaches Miniatur-Sonnensystem mit einer Sonne, einem Planeten und einem Mond welches nur dem einfachen Gravitationsgesetz unterliegt, langfristig nicht stabil gehalten werden kann, sondern unglaublich komplexe Bewegungsformen annimmt, die völlig regellos erscheinen.
Die moderne Chaostheorie aus dem 20 Jahrhundert kann präzise zeigen, welche Umstände dazu führen, dass sich solche prinzipiell deterministischen Systeme so atypisch Verhalten. Mathematisch betrachtet liegt die Ursache des "chaotischen", bzw. mathematisch korrekt ausgedrückt, des nicht-periodischen deterministischen Verhaltens darin, dass nichtlineare Gleichungssysteme sich per Iteration in einem begrenzten (Phasen-)Raum in sich selbst zurückfalten, und dabei höchst verwickelte Formen bilden, die keinerlei Periodizität erkennen lassen, egal wie viele Iterationsschritte man auch durchführt. Chaotische Attraktoren (also Bereiche, auf die ein System zustrebt) haben eine so verwickelte Geometrie, dass wir in ihnen echte Fraktale erkennen: Ganz gleich wie stark wir diese Struktur vergrößern, sie bleibt kompliziert. Und diese Geometrie führt dann die Konzepte Chaos und Fraktale zusammen.
Diese aperiodischen Formen bleiben jedoch stets auf ein bestimmtes Raumgebiet im Phasenraum beschränkt, und sind somit doch auch ein Stück weit als "ordentlich" zu bezeichnen, denn damit grenzen sie sich vom reinen Zufall ab, der stets den gesamten zur Verfügung stehenden Phasenraum ausfüllt. Weiterhin gilt für die mathematische Form des Chaos auch der Zusatz "deterministisch" in Reinform. Das bedeutet, dass wenn man eine Berechnung eines chaotischen Systems mit einem bestimmten Parameterwert startet, dann wird (bei unendlicher Genauigkeit) auch immer exakt das gleiche Ergebnis herauskommen. Das spezielle Problem der chaotischen Gleichungssysteme ist jedoch, dass man zur exakten Berechnung mit unendlich vielen Nachkommastellen Rechnen müsste, was faktisch nie möglich ist. Weiterhin kann man an einem realen System auch immer nur in endlicher Genauigkeit Messungen zum aktuellen Systemzustand vornehmen, und mit diesen dann weiterrechnen (physikalisch gesehen ist spätestens bei der Quantenunschärfe das Ende der prinzipiellen Meßgenauigkeit erreicht).
Unendliche Empfindlichkeit gegenüber den Eingangswerten
Doch warum interessiert sich die Chaosforschung eigentlich so extrem für die Genauigkeit der Parameterwerte? Das hängt damit zusammen, dass diese Gleichungstypen eine mathematisch gesehen unendliche Empfindlichkeit gegenüber ihren Anfangsparametern besitzen, und sich kleinste Veränderungen dabei in nur wenigen Iterationsschritten so massiv aufschaukeln, dass sich die Aussage eines simulierten Verhaltens sogar komplett ins Gegenteil verkehren kann.
Dieser Umstand wurde auch als "Schmetterlingseffekt" von Edward Lorenz weltberühmt, der damit plakativ ein Bild geschaffen hatte, um welche ausgesprochen divenhaften "Sensibelchen" es sich bei solchen Systemen (hier ganz konkret das Wettersystem) handelt.
Chaos bedeutet also keineswegs Vernichtung oder Verdammnis. Es entspricht lediglich komplizierten Strukturen, die aus einfachen Regeln entstehen - und ist damit ein wichtiges Element, um erfolgreich die Strukturen in der Natur zu beschreiben.
1. Abstrakte Algorithmen als komplexe Strukturen - Computerkunst
1.1 Fractal Art I: IFS und die Flames von Apophysis
7x (Software online)
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1.2 Fractal Art II: Apophysis und die IFS-Animationen bzw. Collagen
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Experimentelle Animations-Collagen
Mann kann die einzelnen Bilder von Animationssequenzen auch derart übereinanderlegen, dass quasi das eine Bild das zweite teilweise übermalt. Dann entstehen auch recht interessante Strukturen, von denen wir hier nun einige Beispiele sehen.
Animation 1:
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Animation 2:
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1.3 Fractal Art III: Julia- und Mandelbrotmenge
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Die bekanntesten "Kunstwerke", die zu faszinierenden fraktalen Formen führen, sind sicherlich die Julia- und die Mandelbrotmenge.
Diese Mengen sind in der komplexen Zahlenebene definiert, d. h. es sind sozusagen zweidimensionale Zahlen. Aus einer bestimmten Teilmenge von Juliamengen mit bestimmten Parametern kann man dann die Mandelbrotmenge ableiten, die ebenfalls in der komplexen Zahlenebene definiert ist.
Quaternierte Julia-Mengen
Man kann die Algebra der Juliamengen auch von den komplexen Zahlen auf die hyperkomplexen Zahlen, wie beispielsweise den Quaternionen ausweiten. Diese Zahlenebene ist nicht zwei- sondern vierdimensional. Da man einen vierdimensionalen Raum jedoch schlecht visualisieren kann, legt man einen Schnitt durch diesen Raum, der dann wiederum nur noch dreidimensional ist, und zum Fraktal einer quaternierten Juliamenge führt, wie im folgenden Bild:
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1.4 Chaos und die "seltsamen Attraktoren I": Symmetrische Icons
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Kann man mathematisch gesehen eigentlich Symmetrie und Chaos irgendwie in der selben mathematischen Struktur unterbringen? Das klingt nach einer arrangierten Hochzeit zwischen Katz und Maus, aber was soll's. Und im Grunde haben beide Partner mehr gemein, als es zunächst den Anschein hat, den beide sind schließlich Säugetiere und besitzen Schnurrhaare.
Ende der 1980'er Jahre entdeckte Martin Golubitsky einen ganz einfachen Weg, Symmetrie und Chaos in ein und demselben mathematischen System unterzubringen. Gleichungen ohne jede innere Symmetrie bringen manchmal eine regelmäßige Dynamik hervor und manchmal Chaos. Wie sich zeigt, gilt dies auch für symmetrische Gleichungen. Wenn man die Parameterwerte der Gleichungen geschickt adjustiert, kann man eine chaotische Dynamik erhalten, die symmetrischen Regeln gehorcht. Symmetrisches Chaos. Und was machen solche Systeme? Man stellt fest, dass die Attraktoren chaotisch sind, aber auch symmetrisch, weil die Regeln symmetrisch sind. In der Physik kann man beobachten, dass solche Attraktoren einen "Musterdurchschnitt" repräsentieren. Wenn man eine mit Flüssigkeit versetze Schale in Schwingungen versetzt, dann entstehen in einem quadratischen Gefäß chaotische Muster. Aber der Durchschnitt dieser Muster hat dieselbe Symmetrie wie das Quadrat - genau wie aus der Theorie des symmetrischen Chaos vorhergesagt wird.
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1.5 Chaos und die "seltsamen Attraktoren" II: Komplexe Polynome
Nachfolgend sind einige chaosfähige Polynome abgebildet, die bei geeigneter Parametrisierung der Kontrollparameter über seltsame Attraktoren verfügen.
3 gekoppelte Differentialgleichungen (x, y, z) mit 3 Kontrollparametern
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3 gekoppelte Differentialgleichungen (x, y, z) mit 5 Kontrollparametern
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3 gekoppelte Differentialgleichungen (x, y, z) mit 18 Kontrollparametern
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2. Reale Strukturen: Natur
2.1 Kristallstrukturen und Kristallzucht
Kristallstrukturen sind sowohl unter den modellbildenden mathematischen Aspekten, als auch als praktische Anschauungsobjekte in der Natur äußerst faszinierende Objekte.
Die Kristalle und das Leben
Kristalle (der griechische Name 'krystallos' wird von kryos = Eiseskälte, Frost, hergeleitet) haben vermutlich zu allen Zeiten und in vielen Kulturen als magische Symbole und als Metaphern gedient. Dabei konnten sie das Leben, den Tod, oder auch beides gleichzeitig symbolisieren. Die ägyptischen Pyramiden sind dafür ein gutes Beispiel. Ihre geometrischen Formen gleichen riesenhaften Kristallen, deren Flächen, Kanten und Ecken sich nach den mathematischen Gesetzen der Kristallographie beschreiben lassen. Einerseits waren die Pyramiden Begräbnisstätte für die Toten, andererseits sollte den Verstorbenen durch Einbalsamierung das ewige Leben garantiert werden. Glaubte man, die Ewigkeit in dem "zeitlosen" Pyramidenkristall einfangen zu können?
Die Mineralogie und die Kristallographie
Mineralienbörsen sind gut besuchte Veranstaltungen. Die Schönheit und Vielfalt der präsentierten Kristallformen üben eine besondere Anziehung auf die Besucher aus. Manchem stellen sich dabei die Fragen, woraus Mineralien aufgebaut sind und auf welche Weise ihre Kristalle gewachsen sind. Die beiden naturwissenschaftlichen Disziplinen Mineralogie und Kristallographie können wie folgt beschrieben werden: Innerhalb der Geowissenschaften stellt die Mineralogie die älteste Teildisziplin dar. Sie befasst sich mit den physikalischen Eigenschaften, der chemischen Zusammensetzung und den Bildungsbedingungen von Mineralen und Gesteinen. Für Nachbardisziplinen hat die Mineralogie grundlegende Bedeutung, da sie sowohl stoff- als auch methodenorientiert arbeitet. Wegen ihrer interdisziplinären Ausrichtung ist sie seit längerem ein wesentlicher Innovationsträger für die Materialforschung.
Das Wachstum von Kristallen - Wachstum ohne Leben
Oftmals denken wir beim Thema Wachstum an die lebendigen Wachstumsarten in der Natur, wie z. B. an das Wachstum von Pflanzen und Tieren, oder soziologisch an das Wachstum einer Wirtschaft. Doch es geht auch ohne Leben. Wie, das zeigen uns die verschiedenen Wachstumsarten der Kristalle. In der Natur kann man beispielsweise Kristallbildungen von Salz am Meeresstrand oder Ausblühungen von Salpeter an feuchtem Mauerwerk beobachten. Auch die gut zu sehende grüne Patina auf Kupferdächern gehört dazu. Kristalle leben nicht. Daher können sie auch im biologischen Sinne nicht sterben. So gesehen werden beispielsweise Diamanten gerne als "unvergängliche Schönheit" gepriesen. Doch auch Kristalle sind weit davon entfernt perfekt, oder gar ewig unvergänglich zu sein. Denn Kristalle können im Laufe der Zeit verwittern oder zerfallen. Einen plötzlichen "Tod" kann einen Kristall aber auch dadurch ereilen, dass er nur in einem begrenzten Umfang Temperaturen oder Drücken standhalten kann.
Die Mathematik der Kristalle
Mathematiker bauen zur Beschreibung der Kristallstrukturen zunächst einmal eine idealisierte Form dieser Strukturen auf: Im Inneren eines Kristalls widerholen sich die einzelnen Bausteine räumlich periodisch in einem sog. Raumgitter.
Der kleinste Baustein eines Kristalls, durch dessen Wiederholung er lückenlos aufgebaut werden kann, heißt Elementarzelle. Diese Zelle ist durch die sog. Gitterparameter - Achsenabstände und Achsenwinkel - definiert. Als Gitterbausteine können sowohl Ionen, Atome oder auch Moleküle dienen.
Es gibt für den dreidimensionalen Aufbau rein mathematisch 230 verschiedene Möglichkeiten. Die 14 zugrunde liegenden Symmetrietypen werden Bravais-Gitter genannt. Und diese Gittertypen wiederum basieren auf den sieben Kristallsystemen:
- das kubische System (höchstmögliche Symmetrie), z. B. Kochsalz
- das Rhomboeder (die Achsen sind hier nicht rechtwinklig)
- das hexagonale Gitter
- das tetragonale Gitter
- das einfache orthorhombische Gitter
- das einfache monokline Gitter
- das einfache trikline Gitter (alle Winkel und Achsenabstände sind verschieden)
Kristallzucht
Bildlizenz-Info: Bild selbst erstellt,
gezüchtete Alaunkristalle neben 50-Cent-Münze als Größenmaßstab, Public Domain
Bildlizenz-Info: Bild selbst erstellt, "Die
glorreichen Sieben" Alaun-Kristalle in der Schatztruhe, ein Kristall
wurde mit Hilfe von Lebensmittelfarbe während der Entstehung rot
eingefärbt, Public Domain
4. Interner Experimentalbereich
Projekt GAME ON - Passworteingabe erforderlich!
Einzelnachweise
1 Stewart, Jan: Das Rätsel der Schneeflocke - Die Mathematik der Natur; 2002